Bösen Überraschungen vorbeugen – schafft eine Stelle für Wettergefahren

Drohende Klimaveränderungen in unserer anthropogen geprägten Landschaft erfordern meiner Ansicht nach eine gesteigerte Aufmerksamkeit für die Bewertung von Wettergefahren und daraus resultierenden Warn- und Schutzmaßnahmen.

Am 21. Mai wurden weite Teile von OWL und insbesondere der Kreis Lippe von Gewittern mit Starkniederschlag heimgesucht. Es kam zu Überflutungen, Erdrutschen und ertrunkenen Schafen. Der materielle Schaden ist hoch. Nicht wenige warnen, dass wir in Zukunft aufgrund des Klimawandels vermehrt mit Extremwetterereignissen rechnen müssen. Die Bürger fluchen, die Versicherungsunternehmen weinen.

Es ist allerdings nicht nur der Klimawandel, der Hochwasser- und Überflutungsereignisse fördert. Gewitter mit Starkniederschlag sind nicht neu und gehören seit Millionen Jahren zum System. Fehler in der Landwirtschaft fördern den Oberflächenabfluss und führen zu Schlammlawinen und Erosion. Abgeholzte Wälder und eine profitorientierte Forstwirtschaft haben dazu geführt, dass der „Schwamm“ Wald seine Wirkung als Wasserspeicher verloren hat. Ganz zu schweigen von der täglich voranschreitenden Flächenversiegelung, ob durch Bau- und Gewerbegebiete, oder „Gärten des Grauens“. Ist der kleine Bach vor der Haustür erstmal ein wilder Strom und ist der Keller voll, ist natürlich das Gejammer groß.

Aber was kann man tun, um zumindest die Schäden durch Unwetter in Grenzen zu halten? Kann man sich vorbereiten? „Unwetter über OWL: Warum die Gewitter so kurzfristig kamen“ titelt die Neue Westfälische. In der Lippischen Landeszeitung äussert sich ein zuständiger Mitarbeiter vom Kreis Lippe überrascht. Die Niederschlagssummen wären in der Menge nicht vorhergesagt gewesen und Gewitter bilden sich meistens schnell und sind kaum vorherzusagen. Stimmt, man kann nicht sagen, wo ein Gewitter letztendlich „zuschlagen“ wird. Aber man hätte es besser wissen können…

Erste Hinweise auf Überflutungsgefahr gab es bereits am 17. Mai. (Quelle: https://twitter.com/Kachelmann)

Der Klimawandel und die vom Menschen veränderte Topographie und Geomorphologie unserer Landschaft erfordern neue Maßnahmen zur Prävention bei drohenden wetterbedingten Gefahrenlagen wie Gewitter und Sturm. In den Kreisverwaltungen, Behörden, Leitstellen und Krisenstäben müssen heutzutage Mitarbeiter sitzen, die sich 24/7 mit dem Thema Wetter befassen und stets die mittlerweile zum Glück vorhanden Wetterdaten im Auge behalten. Daraus lassen sich effektiv Warnungen und Maßnahmen ableiten, die zur Reduzierung von Schadenssummen führen und nicht zuletzt zum Schutz von Menschenleben beitragen. Denn die Starkniederschläge um den 20./21. Mai 2019 in OWL kamen nicht „überraschend“. Auf kachelmannwetter wurde bereits am 17. Mai eine potentielle Niederschlagssumme größer 80 Liter pro Quadratmeter für die später am schwersten betroffenen Gebiete in den Vorhersagemodellen berechnet. Auch wenn zu diesem Zeitpunkt die Modelle noch nicht verlässlich waren, hätten zumindest die Alarmglocken in den Amtsstuben klingeln müssen, die Situation ständig weiterverfolgt und neu bewertet werden können, um ggf. entsprechende Präventivmaßnahmen einzuleiten und Warnungen auszusprechen. In diesem Fall kamen „nur“ Schafe ums Leben, beim nächsten mal sind es vielleicht Menschenleben. Keinesfalls kamen die Niederschläge in der akkumulierten Summe aber überraschend.

Es wäre wünschenswert, wenn die zuständigen Behörden sich die vorhanden technischen Möglichkeiten und Daten zu Nutze machen. Fachliche Stellen zur Bewertung und Einleitung von frühzeitigen Warn- und Präventivmaßnahmen sollten regional geschaffen werden. Wie der Kreis Lippe sagt, hat beim jüngsten Ereignis das Warnsystem KATWARN nicht ausgelöst, weil der Wetterdienst die Lage falsch bewertet hat. Die Behörde rät, die Bürgerinnen und Bürger sollten selbst vorsorgen. Dies geht tatsächlich sehr gut, zum Beispiel mit der App Pflotsch. Allerdings kann man nicht erwarten, dass jeder Bürger bei einer brisanten Wetterlage ständig auf sein Smartphone schaut. Daher mein Appell: Schafft eine entsprechende Stelle, die mit regionalen Kenntnissen die Situation ständig im Blick hat und verlässlich und schnell reagieren bzw. warnen kann. Die Kosten stehen in keinem Verhältnis zu den Schäden eines Unwetters. Der zusätzliche Schutz der Bevölkerung sollte es uns wert sein. Wie gesagt, für die Zukunft wird in unserer dicht besiedelten Region immer häufiger mit Extremereignissen, wie Hochwasser, Sturm und auch Tornados, zu rechnen sein.

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