Die Planungen für Windenergie und die damit verbundene Änderung des Flächennutzungsplan (FNP) in der Gemeinde Schlangen sollten spätestens nach Veröffentlichung des Koalitionsvertrags endgültig auf Eis gelegt werden.
Eigentlich soll der zuständige Fachausschuss am 4. Juli beraten und der Gemeinderat am 6. Juli über die Änderung des FNP entscheiden. Eine Beschlussvorlage der Verwaltung sieht vor, dass auf 148,8 ha sogenannte Konzentrationszonen für die Errichtung von Windkraftanlagen (WKA) ausgewiesen werden. Was bei dieser Vorlage verwundert: im Planungsverlauf ist gegenüber den Entwürfen vor der zweiten Beteiligung der Öffentlichkeit diese Fläche, trotz der Eingaben von mehreren Hundert besorgten Bürgerinnen und Bürgern, gerade einmal um 0,2 % verkleinert worden. Vor der zweiten Beteiligung wurden 151,2 ha als Konzentrationszonen empfohlen, jetzt die erwähnten 148,2 ha. Wenn diese minimale Reduzierung die Sorgen, Ängste und Argumente der Bürger widerspiegeln soll, dann kann man davon ausgehen, dass die Bedenken der Bürger, die sich auf über 700 Seiten nachlesen lassen, durch die Verwaltung nicht ernst genommen werden. Die Einwohner Schlangens hätten sich hier sicher eine deutlichere Reduzierung der Flächen gewünscht.
Nun ist es aber an den Volksvertretern, der Beschlussvorlage zu folgen oder nicht. Man kann nur hoffen, dass die Vorlage in jetziger Form nicht durch die Ratsfrauen und Ratsherren getragen wird. Zum einen haben die Ratsmitglieder meiner Ansicht nach entschieden zu wenig Zeit, um sich mit allen Eingaben der Bürger vertraut zu machen (700 Seiten liest man ja nicht mal eben beim Frühstück) und zum anderen fällt auf, dass die Eingaben der Öffentlichkeit zum Teil (wieder) sehr pauschal bis mangelhaft bearbeitet wurden.
Ich kann das im Detail nur für meine eigenen Einwände belegen, aber wer sich die Mühe macht und meine Eingabe mit den Erwiderungen vergleicht, dem fallen doch haarsträubende Fehler und Nichtberücksichtigungen auf (vgl. meine Eingabe und Datei „Stellungnahmen der Öffentlichkeit“ lfd. Nr. 43 – ab Seite 101).
z.B.:
(1) Haarsträubend beispielsweise das Argument, dass durch die existierenden Anlagen im Bereich Paderborn bereits eine „Vorbelastung“ und Beeinträchtigung des Landschaftsbildes vorhanden ist. Das ist nun wirklich kein Argument, es noch schlimmer zu machen…
(2) Weiter heisst es, dass eine Beeinträchtigung von Naherholung und Wanderwegen durch mögliche WKAs nicht gegeben ist, da die Wanderwege „ja weitestgehend im Wald zu finden“ sind. Die für den Erfolg der Schlänger Wanderwege charakteristischen Fernblicke auf Wanderwegen finden also leider keine Anerkennung.
(3) Die Angaben zu avifaunistischen Untersuchungen basieren aus dem Jahr 2012 und decken sich mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mit den aktuellen Gegebenheiten, basierend auf Artensichtungen in 2016 und 2017.
(4) Neueste Studien belegen sehr wohl den negativen Einfluss von WKAs auf den Tourismus.
(5) Anhand der getroffenen Aussagen muss man leider davon ausgehen, dass in der Gemeinde Schlangen von Seiten der Verwaltung die energiepolitischen Überlegungen Vorrang vor nachhaltiger Gemeindeentwicklung, Lebensqualität, Fremdenverkehr und Erholung geniessen. Dies halte ich für einen großen Fehler, der schwerwiegende negative Einflüsse auf die Entwicklungsperspektiven der Gemeinde Schlangen haben wird.
(6) Meine Einwände hinsichtlich der nationalparkwürdigkeit der Sennelandschaft und möglicher Konflikte werden mit Verweisen zur laufenden Planung eines „Nationalpark Egge“, der „hauptsächlich die Kammlagen des Eggegebirges sowie einige bewaldete Bereiche des Gemeindegebietes von Schlangen umfasst“ als bedenkenlos eingestuft. Da weiss das Planungsbüro etwas, was in der Region sonst niemand weiss, oder der bearbeitende Praktikant hat wirklich sehr schlecht recherchiert. Nationalpark Egge? Was ist das?
(7) Weitere haarsträubende geographische Unkenntnis offenbaren sich bei der Vermischung des „Naturerbe Buchenwald“ mit dem FFH Gebiet Senne und Stapellager Senne. Hier argumentieren die Bearbeiter völlig am Thema vorbei.
Dies sind nur einige Beispiele einer, wie ich meine, sehr oberflächlichen bis mangelhaften Bewertung der vorgetragenen Bedenken. Es ist zu vermuten, dass weitere Eingaben ähnlich dilettantisch abgearbeitet wurden. Jeder, der eine Eingabe gemacht hat sollte sich die Mühe machen und den jeweiligen Abwägungsvorschlag auf Fehler untersuchen und diese ggf. seinem Ratsvertreter mitteilen, damit hier Entscheidungen nicht auf falschen Tatsachen getroffen werden.
Man kann den Ratsmitgliedern nur dringend raten, sich intensiv mit den Eingaben ihrer Wählerinnen und Wähler zu befassen und diese ernst zu nehmen. In keinem Fall sollte man den Bewertungen durch das Planungsbüro vertrauen. Leider haben die Ratsmitglieder nur wenige Tage um die Unterlagen zu studieren. Hier sollte man dem Rat entschieden mehr Zeit zur Meinungsfindung einräumen.
Dazu kommt nun ein sehr wichtiger, weiterer Faktor, nämlich „Zeit“. Wie man auch in Schlangen sicher mitbekommen hat, haben sich die politischen Rahmenbedingungen in NRW geändert und damit auch die Sachlage bzgl. der Windenergie. Wenn man jetzt in Schlangen tatsächlich Anfang Juli über eine Flächennutzungsplanänderung entscheidet, die auf einem Abstand von 1.000 Metern zur allgemeinen Wohnbebauung basiert, während die neue Landesregierung einen Abstand von 1.500 Metern vorsieht (Koalitionsvertrag, S. 41), dann wäre das grob fahrlässig. Der Sachverhalt des Mindestabstandes von 1.500 Metern hat meiner Auffassung nach zwingend Berücksichtigung bei den aktuellen Planungen zu finden.
Dieser Mindestabstand würde das sofortige Aus für die Konzentrationszonen I und II bedeuten sowie zu Einschnitten in Zone 3 führen (siehe Artikelbild – gelbe Linien = 1.500 Meter). Des weiteren sehen die politischen Rahmenbedingungen vor, dass „der Windenergieerlass im vorgenannten Sinne überarbeitet wird, um den angemessenen Anwohner-, Landschafts- und Naturschutz sicherzustellen.“ Unter diesen Umständen sollten zwingend auch die Zonen III und IV gänzlich aus den Planungen herausgenommen werden, da es dort zu massiven Landschaftsbeeinträchtigungen kommen wird und insbesondere unter Naturschutzaspekten diese Bereiche eine no go Zone darstellen. Schon jetzt zeigen Auflagen und Abschaltzeiten in benachbarten Gebieten den Irrsinn der Errichtung von WKAs in diesen sensiblen Bereichen.
Da die neue Landesregierung auch „die kommunale Entscheidungskompetenz stärken“ will, haben jetzt die Kommunalpolitiker in Schlangen die Möglichkeit, die Planungen in der Gemeinde auf das Maß Null zu reduzieren und somit der zukünftigen Gemeindeentwicklungen keine irreparablen Beeinträchtigungen in den Weg zu bauen. Die Frage ist nur, was will unser Gemeinderat. Was der Großteil der Schlänger Bevölkerung will haben die zahlreichen Eingaben gezeigt. Es bleibt zu hoffen, dass die Entscheidung im Sinne der Bevölkerung und nicht im Sinne der Windkraft-Lobby erfolgt.
Wie immer gilt: Guter Rat ist teuer. Für Schlangen und das Vertrauen zwischen Bürger und Rat steht einiges auf dem Spiel.