Any way the wind blows doesn’t really matter to me – übersetzt sagt die Textzeile aus dem Queen Klassiker Bohemian Rhapsody so viel aus wie „Wie auch immer der Wind weht, ist mir eigentlich egal“. Ähnlich verhält es sich mit der Argumentation und dem Stimmverhalten der Schlänger Groko Haram, bestehend aus CDU und SPD, in Sachen Bau einer Windenergieanlage durch die Gemeindewerke Schlangen (GWS). Ein undurchsichtiger Vorgang, der das weitere Verfahren zur Ausweisung von Konzentrationszonen für Windenergie gefährdet.
Blicken wir zunächst einige Jahre zurück.
Am 20.11.2014 stellt die CDU Fraktion den Antrag, dass die GWS auf eigene Rechnung eine Windenergieanlage errichten und betreiben soll. Diesen Antrag zieht die CDU im Anschluss an die damaligen, kontroversen, Beratungen zurück. Denn es gibt berechtigte Vorbehalte. Z.B. sieht es die SPD Fraktion „als problematisch an, dass das Verfahren zur Änderung des Flächennutzungsplans [Ausweisung von Konzentrationszonen für Windenergie] noch nicht abgeschlossen ist“. Auch Bürgermeister Knorr bestätigt dies und möchte „auf jeden Fall verhindern, dass durch diesen Antrag das Verfahren [die FNP Änderung] angreifbar wird“. Auch Mitglieder der GWS Gesellschafterversammlung geben z.B. zu bedenken, dass „erst das öffentliche Verfahren als Grundlage für das weitere Vorgehen abgeschlossen sein muss, und die Wirtschaftlichkeit geprüft werden muss“.
Soweit so gut.
Gäbe es sechs Jahre später, in der Ratssitzung am 23.07.2020, nicht eine Neuauflage des Vorhabens. Diesmal wird, obwohl das FNP Verfahren weiterhin nicht abgeschlossen ist und keine Informationen zu Investition und Ertrag vorliegen, mit den Stimmen der Groko Haram die GWS beauftragt, auf dem Grundstück Gemarkung Schlangen, Flur 12, Flurstück 8, ein Windrad zu bauen. Die zugrunde liegende Beschlussvorlage wurde dies mal von der Verwaltung eingebracht.
Im Gegensatz zu 2014 begrüßt der Fraktionsvorsitze der SPD, Zans, das von Bürgermeister Knorr vorgestellte Vorhaben. Die CDU hat keine Bedenken und Fragen [Protokoll]. Die Zweifel aus 2014 scheinen vom Winde verweht, obwohl sich an den Voraussetzungen und den daraus resultierenden Bedenken nichts geändert hat.
Dass auch in 2020 noch kein gültiger FNP mit Konzentrationszonen für Windenergie vorliegt, scheint nunmehr keine Rolle zu spielen. Was der Bürgermeister 2014 „auf jeden Fall verhindern will“, will er in 2020 schnellst möglich durchsetzen. Dabei hat Knorr die Konsequenzen bereits damals richtig erkannt: das weitere Verfahren zur Ausweisung von Konzentrationszonen wird angreifbar und droht zu scheitern. Der Gemeinde Schlangen droht der Wildwuchs an Windenergieanlagen, ohne eine räumliche Steuerung durch den FNP. Das schlimmste, was der Gemeinde passieren kann. Und die Begründung im aktuellen Antrag, dass „die Bezirksregierung die 14. Änderung des FNP der Gemeinde Schlangen abgelehnt hat und daher jetzt der [oben genannte] Standort zur Bewirtschaftung zur Verfügung steht“, kann vielmehr in zu erwartenden Klageverfahren als Gefälligkeitsplanung ausgelegt werden. Denn man hat einen nicht genehmigungsfähigen FNP auf den Weg gebracht und nutzt die daraus resultierende Ablehnung des FNP durch die Bezirksregierung als Argument für den Bau einer eigenen Anlage.
Darüber hinaus wurden wichtige Fragen und Kennzahlen zur Wirtschaftlichkeit, also zu Kosten und Rentabilität, in der Ratssitzung nicht gestellt sowie nicht weiter kommuniziert. Verwunderlich, denn man man sollte meinen, dass bei einer Investitionssumme von ca. 5 Millionen Euro, die die GWS in die Hand nehmen müssten, nicht leichtfertig und ohne belastbares Zahlenmaterial getroffen werden kann, bzw. wird. Hätte man hier nicht fundierte Zahlen präsentieren müssen?
Weshalb in 2020, trotz unveränderter Voraussetzungen wie in 2014, die Mehrheit des Rats jetzt diese Entscheidung getroffen hat, ist nicht zu verstehen. Welche Rolle spielen bei dem Prozess die Stadtwerke Detmold und Lemgo? Diese wollten sich zunächst mit dem Bau von Windenergieanlagen in Schlangen engagieren, haben jedoch ihre Vorhaben wieder zurückgezogen. Warum? Hat man den Stadtwerken das gleiche Grundstück angeboten, auf dem heute die GWS baut? In welchem Zusammenhang steht dabei der Erwerb von Planungsunterlagen in 2018 für den Bau von Windkraftanlagen durch die GWS? Handelt es sich bei „übernommenen Planungen eines Standortes“ um die Unterlagen der Stadtwerke?
Und um es vollends kompliziert zu machen: Das Flurstück 8, auf dem die WKA errichtet werden soll, ist momentan als Ausgleichsfläche festgesetzt. Dazu heisst es in der Beschlussvorlage „Die WEA kann nur genehmigungsfähig werden, wenn auf dem Grundstück Gemarkung Schlangen, Flur 12, Flurstück 8, die Festsetzung aus dem Bebauungsplan Nr. 19 a der Gemeinde Schlangen auf einer anderen Fläche festgesetzt wird.“ Wo findet man eine neue Ausgleichsfläche, was produziert dies sowie die nötige FNP Änderung an zusätzlichen Kosten?
Fragen über Fragen. Wenig belastbares Material und meistens schwammige Formulierungen in den öffentlich einsehbaren Protokollen und Berichten.
Bevor nun der neue Anlauf zur Änderung der FNP unternommen wird, sollte man den gesamten Vorgang genau prüfen. Denn wenn die Ratsentscheidung die Neuauflage des Verfahrens ohnehin angreifbar macht, kann man sich unter Umständen die ganze Mühe sparen.